Kondo Katsuyuki ist in Tokio im 1945 geboren. Er fing mit seinem Training von Daito-ryu Aikijujutsu unter der Leitung eines der führenden Studenten von Sokaku, Hosono Tsunejiro, an und im 1961 wurde er zum ersten Mal durch Takeda Tokimune im Hosonos Dojo gelehrt. Später wurde er Student von Yoshida Kotaro, der ein repräsentativer Lehrer (kyoju dairi) unter Sokaku Takeda war. Im 1964 machte er ein Aikido-Club beim Chiba-Institut der Technologie mit Yoshida Kotaro als seinem Berater auf. Im Juli 1966 wurde Kondo ein direkter Student von Takeda Tokimune und seit dieser Zeit begann er, regelmäßig nach Hokkaido Besuche zu erstatten, um unmittelbar vom Daito-ryu-Hauptlehrer Unterweisung zu erhalten. Außerdem lud Kondo Tokimune nach Tokio ein, damit der letztere da bei mehreren Gelegenheiten unterrichten konnte. Er setzte sein Training unter Tokimune mehr oder weniger zweiunddreißig Jahre fort.
Im November 1970 machte Kondo sein eigenes Dojo auf. Vier Jahre später, im 1974, übergab Takeda Tokimune seinem Schüler Kondo das Zertifikat des repräsentativen Lehrers des Hauptlehrers (Soke Kyoju Dairi). Im Oktober 1982 zog Kondo sein Dojo zum dritten Stockwerk des neuen seiner Gesellschaft gehörenden Gebäudes um und nannte es `Shimbukan` (der Name des Dojo wurde eigentlich durch Omori Sogen erdacht, einem weit bekannten Zen-Mönch und Schwertkämpfer von Jikishinkage-ryu). Im 1988 ernannte Takeda Tokimune Kondo Katsuyuki, den damaligen Anführer aller Zweige von Daito-ryu Aikibudo in Tokio, sowohl zum Vertreter des Hauptlehrers (Soke Dairi) als auch zum Direktor des Überseenhauptquartiers (Kaigai Hombucho) im Hinblick auf Daito-ryu Aikibudo. In demselben Jahr übergab Tokimune Kondo das Zertifikat von Menkyo Kaiden (die Lizenz der vollständigen Übergabe) in Daito-ryu Aikijujutsu, womit er formell die Hauptlinie der Daito-ryu-Tradition auf ihn weiterleitete.
Während Takeda Tokimunes Krankheit und zur Zeit seines Todes verließen manche seiner Studenten ihre Schule, obwohl sie ihr Bestes tun sollten, um diese Tradition aufzubewahren; manche dagegen kamen mit ihren eigenen Stilen von Daito-ryu hervor. In dieser schwierigen Periode, damit er die Hauptlinie von Daito-ryu lebendig und traditionsgemäß, wie sie von Takeda Sokaku und Tokimune überliefert worden war, behalten konnte, wurde Kondo Katsuyuki der Anführer und Direktor der allgemeinen Angelegenheiten des Hauptquartiers von Daito-ryu Aikijujutsu, nachdem er an einem Meeting im September 1994 zu dieser Position durch die Leiter aller Daito-ryu-Zweige erkoren wurde. Im Juli 1995 wurde Kondo durch die Assoziation der traditionellen japanischen Kampfkünste (Nihon Kobudo Kyokai) und die Assoziation für Werbung der traditionellen japanischen Kampfkünste (Nihon Kobudo Shinkokai) als der legitime Nachfolger und Anführer von Daito-ryu Aikijujutsu anerkannt. Gegenwärtig ist Kondo ebenfalls ein Mitglied der Geschäftsleitung der ersteren Assoziation.
Kondo Katsuyuki spricht über die traditionelle Methode der Unterweisung in Daito-ryu:
`Ich hörte vielmals von meinem Lehrer, Takeda Tokimune, dass Takeda Sokaku Sensei dieselbe Technik nie zweimal unterrichtet habe. Tokimune Sensei sagte zu mir, dass Sokaku ihn zu der Zeit, als er als der repräsentative Lehrer seines Vaters tätig war, häufig getadelt habe, dass er `blödsinnig weich` gewesen sei, wenn er viel zu mild gelehrt oder seinen Studenten dieselbe Technik mehr als einmal gezeigt habe. Mein Lehrer warnte mich oft: `Wenn du dieselbe Technik zweimal lehrst, werden deine Schüler herausfinden, wie sie dich mit einer Gegentechnik besiegen können. Zeige etwas Anderes zum zweiten Mal.
Man sagt, dass Takeda Sokaku diejenige Techniken seinen Mitmenschen gezeigt habe, die ihren individuellen Körpergegebenheiten passen würden. Zum Beispiel gibt es Berichte, wie er seine Techniken beim Unterricht je nachdem anpasste, ob der Student groß oder klein war, dick oder dünn, stark oder schwach. Aber ich zweifle daran, dass dies wirklich so geschah, ins besondere wenn wir in Betracht ziehen, dass er immer wieder betonte, dieselbe Technik nie zweimal zu zeigen. Was jedoch in der Tat passierte, meiner Meinung nach, ist, dass Sokaku niemals wirklich seinen Studenten eine Technik erklärte, sondern sie eher nur zeigte und es daraufhin dem jeweiligen Studenten überließ, soviel von dieser Technik `zu klauen`, wie er imstande war. Deshalb unterscheiden sich die Techniken von Daito-ryu je nach der Interpretierung der einzelnen Schüler von Sokaku. Ich glaube, es ist auf diese Weise vorgekommen.
Als mein Lehrer Tokimune immer noch aktiv und guter Gesundheit war, kamen viele seiner Studenten aus dem ganzen Japan nach Abashiri einmal pro Jahr, um am jährlichen Treffen im Hauptquartier teilzunehmen. Mehrmals, wenn ich ankam, um mich an den Seminaren der direkten Übergabe durch den Hauptmeister (Soke Jikiden Kai) zu beteiligen, die stets zu dieser Gelegenheit stattfanden, wurde das Treffen in zwei Gruppen eingeteilt: die eine durch Tokimune Sensei selbst geführt, die andere durch mich als seinen pädagogischen Vertreter. Natürlich wiederholte mein Lehrer den ganzen Lehrstoff mit mir einen Tag zuvor auf eine sehr detaillierte Weise mit Rücksicht darauf, was er von mir als seinem Lehrerersatz erwartete, und er teilte mir immer mit, dass ich die wahren von ihm erlernten Techniken einfach nicht unterrichten durfte. Sogar was die allererste Technik in Daito-ryu, Ippondori, betrifft, wurde es mir streng verboten, die tatsächliche Version zu lehren, die ich unmittelbar von Tokimune Sensei gelernt hatte; stattdessen gab er mir eine Anweisung, nur diejenige Version von Ippondori zu zeigen, die er selbst in seinem eigenen Daitokan-Dojo unterrichtete.
Mein Lehrer erklärte seine diesbezügliche Absicht, indem er sagte: `Was machst du, wenn du Leuten die wahren Techniken zeigst und sie dann am nächsten Tag deine Schule verlassen? Die mündlichen und geheimen Lehren von Daito-ryu werden sich außer der Schule verbreiten.` Er sagte auch dazu: `Unter ein tausend Menschen gibt es nur ein oder zwei wirkliche Studenten. Mach sie ausfindig und zeige diesen, was das Wirkliche ist; es gibt keinen Grund, dieses dem Rest vorzulegen.` Mein Lehrer unterrichtete die wirklichen Techniken nur bei einem Menschen, den er anhand seiner Fragen, technischen und körperlichen Fähigkeiten, Auffassung und Sorgfalt als würdig ansah und bei dem er glaubte, dass er eine aufrichtige und unverfälscht ernsthafte Einstellung besass. Er veerbte diese Unterweisungsmethode von Sokaku Sensei.
Unter Erläuterung von Aiki, die ich von meinem Lehrer hörte, gab es `Tsun` und `Asagao` (`Winde`). Ich brauchte ein paar Jahre, um die Bedeutung von Asagao zu begreifen. Sogar heute kann ich nicht vergessen, als mir mein Lehrer sagte: `Du hast es gut gemacht.`, mich fürs Lösen dieses Rätsels lobend. Heutzutage, mit meinen eigenen Studenten, lehre ich dieselbe Technik vielmals und jedes Mal höre ich meinen Lehrer, wie er mich aus dem Himmel tadelt. Da steht er über mir und sagt: `Was für ein Dummkopf du bist!`.
Manche Menschen besagten, dass Tokimune Sensei sich mir gegenüber speziell benahm. Ich denke, dass, außer der Tatsache, sein erster Student gewesen zu sein, der zu ihm nach Abashiri aus dem Festland Japans hinüber reiste, ich seine Gunst dadurch errang, dass ich mehrmals pro Jahr nach Abashiri fuhr, ihn dazu noch mehrmals pro Jahr nach Tokio einlud, indem ich meine Arbeit vorübergehend verließ, um unter seiner Leitung üben zu dürfen und ihn vierundzwanzig Stunden jeden Tag zu begleiten und alles für ihn während seines Aufenthalts in Tokio zu regeln.
Übrigens waren die einzigen verfügbaren Mittel der Videoaufnahme in den frühen 70er Jahren des 20. Jahrhunderts die schwarz-und-weißen Magnetaufzeichnungen mit der Aufzeichnungszeit von jeweils nur ungefähr zwanzig Minuten. Ich wollte jedoch so stark das aufzeichnen, was ich von meinem Lehrer lernte, also investierte ich in ein Akai-Videoset, das mehr als 1,5 Millionen Dollar damals kostete. Er ging öfter zu mir, wenn ich ihn drehte, und sagte: `Wie sehe ich im Fernseher aus?!`
Solchem Training unterzog ich mich insgesamt dreiundzwanzig Jahre, seitdem ich Tokimune Senseis direkter Student im 1966 wurde, bis seine Gesundheit sich im 1989 verschlimmerte. Immer noch kann ich nicht vergessen, wie ich regelmäßig nach Abashiri und Kitami innerhalb von mehr als zehn Jahren reiste, weil ich ihn aus tiefstem Herzen im Krankenhaus besuchen wollte. Wenn ich mir die Vergangenheit anschaue, sieht es so aus, als ob die zweiunddreißig Jahre, die ich mit meinem Lehrer seit unserer ersten Begegnung im 1961 bis zu seinem Tode im 1993 verbrachte, nur ein Traum wären.`
Teile des Textes oben wurden von `Eine Einführung in Daito-ryu-Geschichte` von Stanley A. Pranin übernommen (erschien in Daito-ryu Aikijujutsu: Verstecktes Mokuroku Ikkajo von Kondo Katsuyuki. Sagamihara-shi: Aiki News. 2000).